24h Burgenland Extrem Tour
- Draculi
- 26. Jan. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Jan. 2020
Diese Wanderung hat eine Vorgeschichte. Jürgen - a.k.a. die Maschine - geht gerne auf Wanderungen und zivile Wettbewerbe wie das Spartan Race, Celtic Warrior und dergleichen. Vorletztes Jahr hat er mir von der 24 Stunden Wanderung um den Neusiedler See erzählt: Burgenland Extrem (https://www.24stundenburgenland.com). Wir sprechen hier von 120km in 24 Stunden. Unvorsichtigerweise meinte ich, dass das wohl nicht so wild ist, denn es wäre ja nur "gehen". Meinen Worten mussten Taten folgen und ich marschierte zur nächsten Möglichkeit, in 2019, die Runde. Full Package: Blasen auf den Füßen, Wolf im Schritt, Müdigkeit aber vollständige Genugtuung als wirklich die 120km absolviert waren. Damals habe ich keinen Hehl daraus gemacht, diesen Marsch nie wieder zu gehen.
Es kam anders.
Jürgen und ich machten uns gerne einen Spaß daraus, anderen von den Vorzügen und dem reinigenden Effekt einer solchen Wanderung zu erzählen. Es ist weniger das Ziel wirklich jemanden zu der Wanderung zu überreden, vielmehr weideten wir uns an den Versuchen des Gesprächspartners, aus der Situation erhobenen Hauptes zu entschwinden ohne sich anmelden zu müssen. Während der Firmenweihnachtsfeier war unser neuer Kollege an der Reihe: Scott - a.k.a. MC Gorilla oder The Lion. Wir erzählten ihm von der Wanderung in den schillerndsten Farben und zogen alle Register: wie männlich schon die Teilnahme wäre, die Schönheit des Neusiedler Sees, der Kameradschaft während des Marsches, und so weiter. Leider war ich so in Fahrt, dass ich auch versprochen habe: "Wenn Du Dich anmeldest, melde ich mich auch an!". Scott meldete sich tatsächlich über mein Mobiltelefon an. Gleich als "Doctor Scott". Mein Versprechen wollte ich dann auch gleich einlösen, habe mir aber während des unmittelbar anschließenden Anmeldeprozesses meine Kreditkarte durch Falscheingabe des PINs gesperrt. Scotts Gesicht sprach Bände: "Der Teufel hat mich reingelegt...". Das war aber erstens nicht meine Absicht, zweitens stehe ich natürlich zu meinem Wort. In der Folgewoche meldete ich mich an, nachdem die Kreditkarte entsperrt war. Ich wollte es so.
Nachdem Jürgens Schwager Tom auch wieder am Start war, war auch Jürgen mit von der Partie.
Nach einem zwischenzeitlichen Vorbereitungsmarsch um die Donauinsel am 4. Jänner, fuhren wir am Donnerstag Abend, 23. Jänner, zu Jürgen und Yvonne wo Scott und ich übernachten durften.

Es war ein schöner und disziplinerter Abend mit frühem Schlafen gehen. Um 03:30 am Freitag war vereinbarte Abfahrt, ich stellte mir den Wecker auf 03:00.
Eine halbe Stunde ist eigentlich eine sehr lange Zeit; es ist aber erstaunlich, wie wenig manchmal dabei umzusetzen ist. Ich habe es gerade geschafft, mir die Zähne zu putzen, das Gepäck zu kontrollieren, mich anzuziehen, einen Kaffee zum Frühstück zu trinken und die Streichkäsebrote zu streichen.
Um 03:30 holte uns Jürgens Vater ab und brachte uns nach Oggau. Wir waren natürlich schlaftrunken aber er hatte motivierende Worte für den Anfang: "Wer sich hier anmeldet, wer sich hier stellt, hat schon gewonnen." Für mich Worte der Wahrheit.
Am Eingang haben wir unser Pflichtfoto gemacht - für den unwahrscheinlichen Fall, dass wir einander verlieren. Außentemperatur -2°C. Gesichtstemperatur: 21,3°C.
Bis zum Start kann man sich am Gemeindeamt in Oggau die Zeit vertreiben: gemeinsames Starterfrühstück, Startpakete abholen oder in der Schlange zum WC stehen.
Sagen wir so - das Startpaket hat Yvonne schon geholt und von einem Starterfrühstück habe ich nichts mitbekommen.

Es waren angenehme Verhältnisse - ohne Niederschlag, kein Wind, schnee- und eisfreie Wege. Schon bald waren wir in Ungarn angekommen.

Während der Strecke verloren wir uns manchmal, fanden aber immer wieder zusammen. Unsere Toilettenpausen waren ja etwa gleich lang.



In Balf, der ersten Pausenstation gab es noch lachende Gesichter. Die Sonne war schon aufgegangen und die größte Steigung auch bewältigt.
Die Strecke ging durch die ungarischen Dörfer, wo wohl jedes Haus einen Hund hat, der natürlich die Wanderer lautstark begrüßte.

Nach den Dörfern folgten die weniger schönen Abschnitte: der Einserkanal und die Hölle.


Getrennt durch die Zwischenstation in Apetlon. Apetlon ist auch gleichzeitig die Hälfte der Strecke. Dort ist auf jeden Fall das Gasthaus Weinzettl zu empfehlen - die Würstel mit Senf und Semmel sind ein Ziel, das es zu erreichen lohnt. Kurz davor ist der Klinger, der im Sommer sicher ein guter Zwischenhalt mit dem Fahrrad ist.
Aber bis dahin ist noch einiges zu marschieren.

Zwischenstop in Sarród.





Jetzt geht's aber los: Klinger und Weinzettl - wie versprochen.
Apetlon ist ein erster Knackpunkt. Das Gasthaus lädt zum Verweilen ein, Biere stehen auf den Tischen, man hat bereits die Hälfte der Strecke erledigt. Wir überredeten Scott, doch noch bis Illmitz - lächerliche 3 km im Verhältnis - mit uns zu gehen. Nach 500 Metern am Weg sagte uns Scott, er würde sich bei der nächsten Station - Illmitz - abholen lassen. Jürgen gab ihm die Wahrheit: die nächsten 18 km gibt es keine Station. Statt dass Scott einfach zurückging, marschierte er mit uns weiter. Der Löwe eben. Von da an wusste ich, Scott bleibt bis zum Schluss.

Leider ging die Sonne bald unter und daher fehlten die optisch schönen Reize des Burgenlands.


Zur Dokumentation: links gehen. Diese Frage stellt sich nämlich jedes Mal.

Wir marschierten durch bis sich endlich ein wunderbares Bild für mich offenbarte. Der Bahnhof von Weiden. Hier hat mich Papa beim ersten Marsch angerufen um mir zu sagen, wie stolz er über meine bisher erbrachte Leistung ist.

Danach ging es durch burgenländische Städte, die einem echt langgestreckt vorkommen können. Bis...endlich...die Schule in Neusiedl erreicht war. Wir haben 90 Kilometer geschafft.

In Neusiedl ist Jürgen leider übel geworden und er wollte nicht mehr weitergehen. Nachdem Scott sein am 4. Jänner angenommenes Maximum bereits verdreifacht hatte und ich auch keine Lust hatte alleine weiterzugehen, entschieden wir uns mit dem Shuttle-Bus nach Oggau zu fahren, von wo uns Yvonne nach Hause brachte.
Das Team startet gemeinsam und hört gemeinsam auf.
Bei einem gemütlichen Abschluss-Seidel plauderten wir noch über den Marsch und gingen dann schlafen.
Ein hartes, schönes Erlebnis, das Kollegen zu Freunden macht.
Written while watching Deadpool 2.
Al: Listen to the pain - it is both history teacher and fortune teller. Pain teaches us who we are. Sometimes it is so bad, we feel like we are dying. But we can't really live until we've died a little, can we?
Zur Erinnerung für zukünftige Märsche:
Meine Kleidung:
Langes Transtex Shirt, Windjacke
Sporthose als Unterhose und Trekkinghose
Kompressionsstrümpfe, Socken
Sporthaube, Sportschlauchschal
Bei Kälte:
Kapuzenweste, Handschuhe
...und das reicht! Glaube es!
Verletzungen:
Blasen an beiden kleinen Zehen (sind zu je einer Blase geworden). Das nächste Mal eventuell größere Schuhe wählen? Abkleben mit Leukoplast hat nur bei den Fußballen geholfen.
Sonst keine Probleme, außer Ermüdung um das Sprunggelenk.
Total:
Distanz: 82,94 km
Energie: 5.733 kcal
Zeit: 17 Stunden
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